Während sich die Welt auf die bevorstehende Frauenfussball-Weltmeisterschaft in Neuseeland und Australien freut und die Schweiz stolz ihre Teilnahme verkündet, zeigen sich im hiesigen Frauen- und Juniorinnenfussball dunkle Wolken. Insbesondere in der Stadt Zürich zeigt sich, dass die Unterstützung durch die Stadtverwaltung weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Die 15-jährige Emma wird sich nicht so auf die WM freuen können wie andere begeisterte Fussballerinnen in der Schweiz. Vor zwei Wochen erfuhr die angehende Gymnasiastin, dass sie, obwohl sie in der vergangenen Saison für die Gymi-Prüfung büffelte und trotzdem die meisten Trainings absolvierte, keinen Platz mehr in der Juniorinnenmannschaft von Zürich City hat. Die Stadt Zürich stellt dem Verein nicht genügend Trainingsplätze zur Verfügung, so dass dieser in der kommenden Saison nur noch eine Juniorinnenmannschaft stellen kann. Tränen flossen an diesem Abend, als diese Hiobsbotschaft kam und Emma die Welt nicht mehr verstand, weil sie auch bei keinem anderen Verein in der Stadt Zürich einen Platz finden wird, da alle übervolle Wartelisten haben.
Auf Anfrage beim Präsidenten des Zürich City SC, Ali Yurdakul, teilt dieser mit grossem Bedauern mit, dass der Verein für die kommende Saison nur noch eine statt vier Mädchenmannschaften melden kann, da die Stadt nicht genügend Fussballplätze zur Verfügung stellt. Dieses traurige Fazit ist das Resultat mangelnder Wertschätzung für die Bemühungen von Zürich City, den Frauenfussball zu fördern und in den Verein zu integrieren. Dahinter stehen aber auch rund 60 Einzelschicksale von Mädchen, die ab übernächster Woche nicht mehr im Verein Fussball spielen können. Noch unglaublicher wird die Geschichte, wenn man bedenkt, dass die Juniorinnen-Abteilung von Zürich City in der kurzen Zeit bereits vier Meistertitel und einen Cupsieg erreicht hat.
Seit der Gründung der Frauen- und Mädchenfussballabteilung hat Zürich City erhebliche Zugeständnisse gemacht und immer wieder nach Lösungen gesucht. Die Spielerinnen mussten auf bis zu fünf verschiedenen Anlagen trainieren und spielen, darunter Eichrain, Katzenbach, Schulanlage Liguster, Schulanlage Buhnrain und in einer anliegenden Gemeinde, und die Spiele mussten irgendwo ausgetragen werden. Auch die Spielerinnen leisteten ihren Beitrag, damit es irgendwie funktionierte: 14-Jährige trainierten dreimal pro Woche bis 21 Uhr, weil es keine früheren Trainingszeiten gab, und gingen während der Schulwoche regelmässig erst nach 22 Uhr ins Bett. Trotz dieser Entbehrungen wurden die Bemühungen von Zürich City von der Stadt Zürich nicht honoriert und Emma steht nun nach über 5 Jahren Fussballspielen im Verein ohne Anschlusslösung da.
Es ist schmerzlich, dass so viele Spielerinnen ihre Leidenschaft für den Fussball aufgeben müssen, weil ihnen die Trainingsmöglichkeiten verwehrt werden. Die Suche nach alternativen Vereinen ist angesichts der langen Wartelisten fast unmöglich. Die ständig wechselnden Trainingsorte erschweren zudem die Suche nach engagierten Trainerinnen und Trainern, da sie zwischen verschiedenen Anlagen jonglieren müssen. Diese Situation führt dazu, dass sich die Mädchen unverstanden und ausgeschlossen fühlen.
Obwohl Zürich City seit Januar eine beachtliche Anzahl von Neuanmeldungen verzeichnet, muss der Verein den Mädchen aus der Stadt Zürich immer wieder enttäuschende Absagen erteilen. Dabei könnte Zürich City allen interessierten Mädchen genügend Plätze anbieten. Die Verantwortlichen wissen nicht mehr weiter; die Anmeldung zum Probetraining auf der Website wurde deaktiviert, um keine unnötigen Hoffnungen zu wecken.
Zürich City betont, dass der Verein sich kontinuierlich und zielgerichtet für die Jugend und die Stadtbevölkerung einsetzt. Dennoch stösst auch der aufstrebende Verein an seine Grenzen, da er mit seinen Frauen- und Männerabteilungen auf insgesamt sieben verschiedene Sportanlagen in der Stadt Zürich verteilt ist: Eichrain, Neudorf, Katzenbach, Liguster, Buhrain, ein ungesicherter Schulplatz und Heerenschürli. Diese ungleichmässige Verteilung ist keine nachhaltige Lösung, zumal sich Zürich City sogar in angrenzenden Gemeinden einmieten muss, um den unbeleuchteten Sportplatz Katzenbach zu kompensieren.
Stossend ist auch, dass die Trainingszeiten auf den Fussballanlagen der Stadt Zürich an erwachsene Spieler von Betriebs- oder Verbandsmannschaften vergeben werden, während die Kinder leer ausgehen. Die erwachsenen Hobbyfussballer hätten die Möglichkeit, die Stadt zu meiden oder sehr späte Trainingszeiten zu wählen. Das ist Kindern nicht zuzumuten. Hier müsste die Zürcher Stadtverwaltung endlich die etablierten Verhältnisse in Frage stellen und den aktuellen Bedürfnissen anpassen. Umso zynischer ist es, dass dem Zürich City SC, obwohl er, wie der Name schon sagt, ein reiner Stadtzürcher Verein ist, von der Stadt Zürich, namentlich dem Sportamt seit Jahren vertröstet wird, dass bald eine akzeptable Lösung gefunden wird. Auch für die kommende Saison hat das Sportamt keine Lösung gefunden, man will ja anderen Vereinen nicht auf die Füsse stehen…
Falls die Stadt Zürich hofft, dass der Boom im Frauen- und Mädchenfussball nur kurz anhält und das Thema sich wieder abkühlt, wird sie sich massiv täuschen. Die kommende Fussball-Europameisterschaft der Frauen findet 2025 in der Schweiz statt und wird diesen Boom nochmals massiv anfeuern. Tausende Mädchen möchten dann Fussball in Vereinen spielen können, auch in der Stadt Zürich. Es ist jetzt Zeit die Weichen richtig zu stellen.
Das Einzelschicksal von Emma und die Aussagen des Präsidenten vom Zürich City SC zeigen symptomatisch, wo die Probleme in der Stadt Zürich bei der Gleichstellung liegen. Vor allem die untragbare Situation des Frauen- und Juniorinnenfussballs ist in der Stadt Zürich von grosser Dringlichkeit. Die Verantwortlichen von Zürich City fordern die Stadtverwaltung auf, die Bedürfnisse und Potenziale der Fussballerinnen ernst zu nehmen und endlich adäquate Lösungen anzubieten. Sonst droht der Verlust einer Generation talentierter Fussballerinnen und ein Rückschlag für die Förderung des Frauenfussballs in Zürich und in der Schweiz. Es gibt nicht nur FCZ und GZ; alle Spielerinnen – auch eine Alisha Lehmann – haben zuerst in einem Quartier- oder Dorfverein mit dem Fussball begonnen!